Isolation und Menschlichkeit

Großes Theater im Parkhaus Langenfeld: Das Stuttgarter Ensemble Lokstoff lud mit einer eigenwilligen Inszenierung von Kafkas Verwandlung zu einem Schauspielerlebnis der besonderen Art ein.
Ausgestattet mit Kopfhörern saß das Publikum entlang der grünen Kunstrasenbühne und betrachtete ein Kuscheltierwesen, welches sich sinnbildlich für den Käfer während des ganzen Stückes über die Fläche wälzte.
Mit dem Auftritt der einzelnen Schauspieler kam mehr und mehr Leben auf die Spielfläche: Jede Person in einem eigenen durchsichtigen Kunststoffball. Mal als Erzähler, mal als Akteur in der eigenen Rolle wurde die wundersame Geschichte des Gregor Samsa dargestellt. Ein Handelsreisender, der eines Morgens als Käfer in seinem Zimmer erwacht. Seine Familienmitglieder und Mitbewohner reagieren alle auf ihre eigene Art: mit Abscheu, Verdrängung oder Aggression. Auch sie vollziehen eine Verwandlung im Laufe des Stückes und geraten an ihre Grenzen des Zusammenlebens.
Das Stück visualisierte nicht nur den Kafka-Klassiker zeitgemäß, es führte dem Betrachter auch die Auswirkungen der Pandemie vor Augen: Jeder lebt in seiner Bubble. Nähe, Distanz und Zusammenleben werden neu hinterfragt. Erst als sich die Familie gewaltsam von dem Ungeziefer trennt, definieren sich die Personen neu und treten aus ihrer Blase.
Die Inszenierung verlangte den Akteuren und dem Publikum viel ab. Die Schauspieler mussten zwischenzeitlich mit neuem Sauerstoff versorgt werden und die Akustik und Optik des Stückes wurde immer wieder von diesem maschinellen Aufblasprozess geprägt. Nebenher noch das Käferwesen und eine Kamerafrau. In der Summe grenzte dies an Reizüberflutung und hatte mit der ruhigen Erzählung Kafkas wenig gemein.
Dennoch war die Darstellung eine konsequente Umsetzung des Stoffes, der auch nach über 100 Jahren an Aktualität nichts verloren hat.